Zu meiner Person
Mein Name ist Peter Gamperl und ich bin (Stand 2017) 51 Jahre alt. Geboren wurde ich in der Oststeiermark, wo ich immer noch lebe.
Seit 1991 bin ich mit meiner Frau Elfi verheiratet und wir haben drei erwachsene Kinder, die bereits ihre eigenen Wege gehen und teilweise nur mehr am Wochenende bei uns sind.
Beruflich bin ich Bankangestellter, wobei ich die ersten Jahre in meinem Wohnort gearbeitet habe und mittlerweile seit fast fünf Jahren täglich ca. 50 km nach Graz pendle.
Mein persönlicher Jakobsweg
Nachdem ich als Jugendlicher und auch als junger Familienvater nie etwas für Wallfahren, Pilgern oder überhaupt Wandern übrig hatte, kann ich nicht genau sagen, warum ich mich seit vielen Jahren so für den Jakobsweg begeistere.
Ich weiß nur noch, dass ich bei meiner ersten Wallfahrt nach Mariazell mit einer Bekannten über den Jakobsweg diskutiert habe und wir beide meinten, dass wir vor unserer Pensionierung wohl nicht die 800 km in Spanien gehen werden.
Nachdem ich einige Bücher über das Thema gelesen und einige Filme und Dokumentationen gesehen hatte, wusste ich zwar, dass es nicht nur diesen einen Jakobsweg gibt, aber an dem Thema „Gehen in der Pension“ hatte sich dadurch nichts geändert.
Bis ich im Jahr 2006 von einem befreundeten Ehepaar gehört habe, dass sie begonnen haben, den gesamten Jakobsweg quasi von der Haustür weg in Etappen zu gehen!
Da hat es bei mir Klick gemacht und ich habe sofort gewusst, dass ich das auch machen möchte. Gott sei Dank hat meine Frau erkannt, wie wichtig mir dieses Vorhaben ist und mich von Anfang dabei unterstützt. Speziell in den ersten Jahren, als die Kinder noch kleiner waren, war das eine große Belastung und Herausforderung für sie. Während sie die ganze Arbeit zuhause hatte, spazierte ich in der Gegend herum und machte einen total entspannenden Urlaub. Bekommen hat sie dafür ein paar Tage Ruhe vor mir und einen sehr dankbaren Mann, der nach jeder Etappe etwas verliebter und dankbar für sein Leben und vor allem für seine Familie zurückgekommen ist.
Am 18. Mai 2007 um ca. 5.00 Uhr startete ich in der Früh also wirklich meinen persönlichen Jakobsweg bei mir zu Hause.
Seitdem bin ich jedes Jahr zumindest eine Woche auf diesem Weg gepilgert, zweimal (2012 in Südtirol und der Schweiz und 2015 in Frankreich) habe ich dabei gemeinsam mit einem sehr gut befreundeten Priester auch eine Reisegruppe geführt und dabei meinen persönlichen Jakobsweg ausgesetzt.
Besonders schön war für mich dabei das Jahr 2013, in dem mich meine Frau neun Tage auf meinem Weg durch Frankreich bis nach Le-Puy-en-Velay begleitet hat.
Zum einen war es für mich total spannend, wie Elfi persönlich das Pilgern erlebt.
Zum anderen ist der Jakobsweg, wenn man ihn als Paar gemeinsam geht, eine besondere Herausforderung, die auch auf die Partnerschaft abfärbt.
Wir haben immer schon gemeinsame, tolle Urlaube – auch ohne Kinder – gemacht. Aber zu Fuß in einem fremden Land, wobei du alles, was du die nächsten zehn Tage so brauchst, selber tragen musst, war doch eine neue Situation.
Es war aber für uns beide und auch für unsere Partnerschaft ein sehr schönes und bereicherndes Erlebnis, das ich quasi als „Ehevorbereitung“ (oder Ehevertiefung!!) allen Paaren nur empfehlen kann.
Wenn der heilige Jakobus auf mich schaut, werde ich heuer, also im Mai 2017, das erste Mal Santiago wirklich sehen und es freut mich ganz besonders, dass mich meine Familie dort erwarten oder die letzten Kilometer dorthin begleiten wird.
Warum pilgere ich allein
Ganz einfach, weil ich bisher keinen zweiten „Verrückten“ gefunden habe, der diesen Weg mit mir gemeinsam gegangen wäre.
Es haben zwar einige gemeint, dass sie einmal eine Woche oder länger mitgehen würden, aber als es dann soweit war, war ich dann doch wieder allein.
Seitdem ich die Schweiz erreicht habe, bin ich aber eigentlich nie alleine.
Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht habe, dass ich immer dann, wenn ich jemand aus welchem Grunde auch immer gebraucht habe, ich wen getroffen habe, mit dem ich tolle Gespräche führen und vielleicht sogar einige Tage gemeinsam gehen konnte.
Und wenn ich allein sein musste, habe ich das wahrscheinlich auch so ausgestrahlt, denn dann wollte ohnedies niemand mit mir was zu tun haben.
Warum pilgert man überhaupt auf dem Jakobsweg
Tausend Menschen auf dem Jakobsweg, bedeuten wahrscheinlich tausend unterschiedliche Gründe dafür.
Wenn man jetzt einmal die Motivation der „Pülcher“ aus dem Mittelalter (Ablasshandel) und ein paar sehr persönliche Gründe wie Partnersuche (gibt es wirklich!!!) und kulinarische Erfahrungen (vor allem für Frankreich ein durchaus verständlicher Grund) außer Acht lässt, sind es im Wesentlichen die folgenden fünf Hauptmotive:
Tourismus
In einem Spruch heißt es: „Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich.“
Und das stimmt wirklich. Wenn man sich auf das Pilgern, Wandern, Gehen einlässt, lernt man Länder und Städte und vor allem Personen ganz anders, persönlicher, kennen. Und noch dazu in einem Tempo, das dem Rhythmus des Menschen am besten entspricht.
Sportlicher Ergeiz
Pilgern über einen längeren Zeitraum ist eine körperliche Herausforderung.
Man tritt jeden Tag in einen Wettstreit, aber nicht nicht in einen Wettkampf mit anderen Pilgern.
Es geht nicht darum, schneller als der andere zu sein oder weitere Strecken zurückzulegen.
Man tritt in einen Wettstreit mit sich selbst, mit dem berühmten inneren Schweinehund. Die täglichen Etappen sind manchmal eben kein Honigschlecken, die Füße schmerzen, die Blasen drücken, der Rücken tut weh.
Und trotzdem steht man wieder auf, packt seinen Rucksack, zieht seine Wanderschuhe an und startet einen neuen Tag, einen neuen kleinen Abschnitt auf einer sehr, sehr weiten Reise.
Und es wird einem bewusst, dass egal wie anstrengend ein Tag auch war, er war doch nur ein kleiner Teil des gesamten Weges, das Ziel ist noch weit weg.
Damit ist Pilgern für mich ein gutes Beispiel für unser tägliches Leben, wo man auch jeden Tag wieder eine neue Chance bekommt, mit neuen Herausforderungen leben und seinen persönlichen Lebensweg weiter gehen darf.
Abschied-Nehmen
Im Leben kommt oft die Zeit, um Abschied zu nehmen:
Vielleicht aufgrund des Todes eines geliebten Menschen, einer Scheidung bzw. Trennung von einem Partner, vielleicht steht auch nur ein Berufswechsel oder die Pension an.
Es beginnt also immer wieder ein neue Lebensphase, in der man muss sich von bestimmten Idealen oder liebgewordenen Menschen und Orten verabschieden muss.
Das Pilgern ist das kleine Gegenstück dazu. Man nimmt hier fast jeden Tag Abschied von Orten, Menschen, aber teilweise auch von Gewohnheiten.
Religiöse Gründe
Wahrscheinlich hat jeder von uns mehrere Gründe, den lieben Gott um etwas zu bitten oder um ganz herzlich Danke zu sagen. Für meine Gesundheit, für meine Familie, für meinen Beruf, …
Und Bitten und Danken kann man wirklich gut auf dem Jakobsweg.
Auf einem Weg, der seit über 1000 Jahren auch aus diesen Gründen gegangen wird, auf einem Weg, den Millionen Menschen durch ihre Freude, ihre Tränen und ihre Gebete geprägt und geformt haben.
Entschleunigung
Wir leben in einer sehr hektischen Zeit. Es muss alles immer schneller gehen, wir sind es gewohnt, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun.
Am Jakobsweg geht es langsam zu. Man kann nur gehen, man braucht seine Zeit, um eine bestimmte Strecke zu überwinden.
Und man bekommt diese Zeit auch, die Zeit um Nachzudenken, um sich über Dinge klar zu werden, um einfach „herunterzukommen“.
Pilgern ist also ein – wenn nicht sogar der einzige – ‚legaler‘ – oder besser gesagt – öffentlich anerkannter Grund, aus dem Alltag auszubrechen.
Welcher dieser Gründe trifft nun auf mich zu?
Alle.
Zwar jedes Jahr in einer anderen Gewichtung, aber in irgendeiner Form passen alle diese Gründe für mich.
Und vielleicht sogar noch ein paar andere, von denen ich noch gar nichts weiß.
Der Camino ist für mich ein also ein Beispiel für mein gesamtes Leben, ein Zeichen für ‚Nicht stehen bleiben‚ für ‚Weiter Gehen‚, für ‚In Bewegung bleiben‚.
Er hat mir bei wichtigen beruflichen und privaten Entscheidungen geholfen.
Er hat mir manchmal Schwierigkeiten vor die Füße geworfen, aber auch immer geholfen, diese zu überwinden.
Er hat mir als Entschädigung für all meine Mühen des Öftern dafür erfrischende Labstellen, Glück und Freude und auch unerwartete Hilfe gegeben.
Er hat mir gezeigt, dass man seine Wünsche nicht (bis zur Pension) aufschieben muss, sondern sie – vielleicht familär oder beruflich bedingt in adaptierter Form – schon früher umsetzen kann.
Er hat mich dankbar gemacht, für mein Leben, für meinen Beruf und vor allem für meine Familie.
Und er hat mir in Tirol diesen Spruch gezeigt, der wirklich stimmt und zu meinem Motto geworden ist:
Es geht, wenn man geht!!